Richard Gerstl - Retrospektive

Schonungslose und selbstbewusste Bilder - Richard Gerstl (1883–1908) gilt als Vorläufer der österreichischen Expressionismus, der in seinen aufregenden und beeindruckenden Arbeiten wegweisende Neuerungen aufweist.

Gerstl wurde bereits als 15-jähriger in die Wiener Akademie der bildenden Künste aufgenommen. Der talentierte Außenseiter schlug früh künstlerisch ganz neue Weg ein: Er malte gegen tradierte Regeln, widersetzte sich stilistisch und inhaltlich der Wiener Secession und lehnte deren Schönheitsbegriff ab. Gerstl arbeitete realistisch, verzichtete auf Mythen und Allegorien, wie es in der Wiener Secession üblich war und setzte sich ganz offen mit den Widersprüchen der Moderne auseinander.

Gerstl konzentriert sich zunächst auf Akte, Landschaften und Portraits, die wohl als Mittel zur Erforschung seiner Selbst dienten. Doch auch mit diesen bekannten Genres betritt Gerstl, stilistisch als auch psychologisch, Neuland.

Beeindruckend, wenn nicht sogar ein wenig schaurig: Gerstls lachendes Selbstbild, das in der Tradition derb lachender Figuren steht. Doch wen scheint Gerstl hier zu verlachen? Sich selbst? Oder lacht er über der Verzweiflung angesichts der Einsamkeit? Dem fehlenden Verständnis seiner Umgebung?

Gestische Gruppenbilder, geschaffen in einer Form der Aktionskunst, zeigen seine Ablehnung der Konventionen, des Schönheitsbegriffes und der Zwänge der Disziplinen. Gerstl malt seine Freunde abstrahiert, deformiert. An Stelle ihrer Augen befinden sich schwarze Punkte, ihre Münder lassen die Gesichter wie Fratzen erscheinen.

Gerstl, der zu Lebzeiten nie ausgestellte, weil er sich weigerte, gemeinsam mit Künstlern wie Gustav Klimt auszustellen oder man Provokationen befürchtete, nimmt sich im Alter von nur 25 Jahren das Leben. Von seinem überschaubaren Werk zu Lebezeiten, von etwa 80 Arbeiten, sind heute nur noch etwa 60 erhalten.

Richard Gerstl – Retrospektive SCHIRN Kunsthalle Frankfurt 24. Februar bis 14. Mai 2017