Veronika Russell: Velvet Trope
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Die Künstlerin Veronika Russell nutzt die literarische Struktur des Tropus, um die Malerei und dessen Rezeption klar voneinander abzugrenzen und so die Inszenierung beider zu entwickeln. Tropus – das sind Wörter, die nicht im eigentlichen, sondern im übertragenen, bildlichen Sinn verwendet werden. So gibt es immer einen inhaltlichen Unterschied zwischen der ursprünglichen Bedeutung des Gesagten und des Gemeinten. Bei Russell ist der Tropus weder die Metapher noch die Allegorie und auch nicht die Ironie, sondern die Antanaklasis, jenem rhetorischen Stilmittel, bei dem man ein Wort mehrfach aufeinanderfolgend verwendet, jedoch jeweils immer mit verschiedenen Bedeutungen. So arbeitet Russell den Unterschied zwischen den Wörtern und den Bildern heraus, welcher sich als zeitlicher Aspekt hervortut und darauf basiert, dass Wörter neue Bedeutungen annehmen können, wenn sie in einem anderen Moment oder einem anderen Kontext auftauchen.
Russells Malerei beinhaltet die Struktur der Antanaklasis insofern, als dass sie Elemente beinhalten, die eine Form der Abwesenheit suggerieren und erlauben, über die Leinwand hinaus zu wirken und dies zu reflektieren – so als seien sie Momentaufnahmen etwas Größerem zu dem man nur einen begrenzten Zugang hat und als deuteten sie das Anhalten der Zeit an. Dem Betrachter soll bewusst werden, dass er sich, anders als es in den Gemälden der Fall ist, in der Zeit bewegt. Während die Malerei die Echtzeit transzendiert und einer anderen Ordnung angehört und sich dem menschlichen Leben entzieht, kann der Betrachter an all diesem teilnehmen, schließlich bewegt er sich in der Zeit. Die Malerei wird zu einer Meta-Narrative der Inszenierung unserer Wahrnehmung. Ihr Inhalt ist überflüssig geworden. Die Bedeutung wird in der Abstraktion generiert, die zwischen den Bildern stattfindet – so wie die Götter des Epikur, die in Zwischenwelten existieren.
>>Die Künstlerin zeigt auf, dass die Abstraktion eines Kunstwerkes zeitlos ist und seine Rezeption immer absolut geschichtlich und eingebettet in die wesentliche Struktur historischer Zeit. Russell bekräftigt die Wirkungsfunktion eines einzelnen Gemäldes, macht aber bewusst, dass die Malerei in der Produktion der Umstände, die diese Autonomie erst möglich macht, Nebenspieler bleibt.
In der Ausstellung geht es nicht um die einzelnen Werke, sondern vielmehr um deren geometrische Gestalt, um die konzeptuellen Verbindungen, welche aktiv durch die Zeiträume, die zwischen den Arbeiten aufgebaut werden, hervortreten.
Eine poetische Art, sich mit Kunst auseinanderzusetzen.
Veronika Russell: Velvet Trope 19. November - 23. Dezember 2016 PPC (Philipp Pflug Contemporary, Frankfurt am Main)